Vereinsgeschichte des MGV Liedertafel Freienohl von 1847-1900

Bis in die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts reicht die Geschichte der Liedertafel Freienohl zurück.

Der Lehrer Leismann wird in der Gründungsurkunde vom 24.11.1847 als Stifter der Liedertafel genannt. 16 sangesfreudige Männer fanden sich zusammmen um einen vierstimmigen Männerchor zu gründen. An erster Stelle wird der Amtsbeigeordnete Wiethoff als Unterzeichner der Statuten aufgeführt, ihm folgen Namen bekannter alt eingesessener Freienohler Familien.

Dem Gründungsstatut wurde vom Landrat in Arnsberg unter dem Vorbehalt zugestimmt, daß solange sich die Gesellschaft mit Anstand benehme und zu keinen polizeilichen Ausstellungen Veranlassung gebe, geduldet werde. Andererseits zeigte sich der Landrat großzügig und sah es nicht für erforderlich an eine Polizeistunde zu bestimmen und die zu singenden Lieder vorher einer Zensur zu unterziehen, da dieses die Freiheit einer geschlossenen Gesellschaft zu sehr beschränke.

Aufzeichnungen über das Vereinsleben aus diesen Gründungsjahren sind nicht erhalten geblieben. Ab 1869 liegen regelmäßige Aufzeichnungen in Form eines sehr detailiert geführten Protokollbuches vor. Auch eine neue Gründungssatzung aus diesem Jahr, die sich inhaltlich an die Statuten aus dem Jahre 1847 anlehnt, wurde unter der Federführung des Amtmannes Ley, der bis 1875 Vorsitzender war, erlassen. Das ursprüngliche Gründungsjahr wurde in die neue Satzung nicht übernommen, jedoch der bisherige Vereinsname "Liedertafel", obwohl die Epoche der Liedertafel Gründungszeit längst vorüber war und sich die jetzt gegründeten Männerchöre entsprechend des damaligen Zeitgeistes oftmals den Namen Concordia (Eintracht) gaben. So trägt auch die im Jahre 1870 angeschaffte, überaus farbenfrohe und mit Weinlaub und Blumengebinde dekorierte, Vereinsfahne die Aufschrift :

"Eintracht macht stark"

 

Bis zum Jahre 1990 ist man bei der Liedertafel Freienohl vom Gründungsjahr 1869 ausgegangen, bis sich durch Zufall in den verstaubten Akten des ehemaligen Amtes Freienohl die Gründungsstatuten und der behördliche Schriftwechsel aus dem Jahre 1847 auffanden und man sich seitdem auf eine ältere Tradition berufen kann.

Das sehr aufschlußreich geführte Protokollbuch gibt einen Einblick in das rege Vereinsleben der damaligen Zeit, läßt aber auch die einfachen Lebensverhältnisse erkennen als noch mit Pferd und Wagen die Sängerschar zu Ausflügen und Sängerfesten gefahren ist, als die Versammlungs - und Festräume mit Laternen und Lampions ausgeleuchtet worden sind.

Trotzdem haben die "Liedertäfler" aus der Gründerzeit das Beste aus dieser Zeit gemacht. Die Liedpflege und die Geselligkeit waren Stützpfeiler auf denen die Sängergemeinschaft ruhte und die gesellschaftlichen Ereignisse innerhalb eines Sängejahres waren die Höhepunkte im damaligen Vereinsleben.

Neben der intensiven Liedpflege und der gesel ligen Unterhaltung waren in den Anfangsjahren die jährlichen Ausflüge in die freie Natur und die Nachbarorte sehr beliebt.

Ausflugsziele waren : 1869 Wennemen und Wildshausen, 1870/72/73/74/78/ 79/80 der 420m hohe Küppel, 1870/74/76 das Gasthaus Berens in Oeventrop, 1876 Gasthaus Hoffman in Rumbeck, 1881/82/84 und 91 der Schützenplatz und -halle. Der Chronist vermerkt hierzu : "Bei Freibier herrschte ungetübter Frohsinn bis zum Anbruch der Dunkelheit" oder "Lustig gesungen, rüstig getrunken". Um 1874 kam dann "ein Neues hinzu" wie der Chronist zu berichten weiss :

Zur Unterhaltung der Vereinsmitglieder und deren Frauen führte man humoristische Theaterstücke auf, denen lebhaftes Interesse abgenommen wurde. Eine kleine, selbstgezimmerte Bühne mußte uns damals die "Welt" bedeuten". 1875 und 1883 fanden in der Knabenschule öffentliche Theatervorstellungen statt.

Der Reinertrag wurde den "Abgebrannten in Paderborn , und den durch Überschwemmung Geschädigten im Rheinland zugewendet ". Neben den Ausflügen und Theateraufführungen traten mit der Zeit zwei neue Aktivitäten in den Vordergrund. Jährlich feierte man mit wenigen Ausnahmen das Stiftungsfest. Dieses Fest erfreute sich allgemeiner Beliebtheit, förderte den Gemeinschaftssinn und schenkte allen Beteiligten Stunden unbeschwerter Fröhlichkeit, da dergleichen Unterhaltung sonst anderweitig nicht geboten wurde. Nach anfänglichem Conzert wurde ab sieben Uhr abends der Tanz eröffnet. Auch die Bühnenkünstler und Humoristen traten bei dieser Feier in Aktion. Des Kaisers und Königs Geburtstag war das andere Ereignis, das in jedem Jahr ausgiebig gefeiert wurde. Aus der Vereinskasse wurde ein Geldbetrag für Freibier bereitgestellt.

Auch im öffentlichen und kirchlichen Leben des Ortes war die "Liedertafel" in den Jahren vor 1900 bereits fest eingebunden. So beteiligte man sich durch Liedvorträge am Erinnerungsfest des Kriegervereins 1887 , bei der Einweihung des Kriegerehrenmals 1888, bei der Feier am Ehrenmal aus Anlass des Todes des Kaisers Friederich 1888, bei der Einweihung der neu errichteten Schützenhalle 1890 und bei der Gestaltung des Festes zur Erinnerung an den Krieg 1870/71 im Jahre 1895.

Bei der vom Pfarrer Falter 1892 in der neuen Schützenhalle veranstalteten Kath. Arbeiterversammmlung war auch die Rombergsche Musikkapelle aus Amsberg beteiligt und abwechselnd erfolgten Musik - und Gesangvorträge . Im kirchlichen Bereich waren es Gesangbeiträge aus Anlass des Weißen Sonntag und Allerseelen. Zum Einüben einer lateinischen Messe wurde der Chor eigens um 15 Sänger verstärkt.

Die Übungsstunden fanden in Form von geselligen Zusammmenkünften an Sonntagnachmittagen und -abenden statt. Das Vereinslokal befand sich an der Hauptstraße gegenüber der Kirche. ( Kerstholt später Hachmann)

Gesungen wurden Lieder aus dem Liederbuch für Männergesang, dem sogen. "Rütly". Im Jahre 1887 wurde weiteres Notenmaterial angeschafft und zwar "Rütly Sammlung II", Greffs Männerlieder und Kuntztes humoristsche Lieder.

1894 veranstaltete die Liedertafel Freienohl erstmals ein eigenes Jubitäumsfest aus Anlaß des 25 jährigen Bestehens unter Mitwirkung von 24 Vereinen mit 600 Sängern. Zum Schmuck der im Jahre 1890 errichteten Schützenhalle (heute Fa. Hahne) benötigte man 100 Lampions, 100 Kerzen und 100 Fähnchen.

Das für die damalige Zeit großangelegte Festprogramm mit Früh - Concert, Festessen, Festzug, Concert und Festball unter Nennung der 24 beteiligten Vereine. Ebenso das Gruppenfoto der aktiven Sänger mit Namen. Am 15.8.1898 nahm die Liedertafel erstmals an einem Gesangwettstreit teil. Beim MGV Westfalia Neheim errang man in der III. Klasse den 1. Preis und den 1. Ehrenpreis.